Klimawandel und Konflikte

In vielen Veröffentlichungen, Medienberichten und öffentlichen Debatten wird ein direkter Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gewaltkonflikten hergestellt. Ein Kausalzusammenhang ist in der Wissenschaft allerdings umstritten. Viele Forscher warnen vor einer vereinfachten Darstellung überaus komplexer und dynamischer Prozesse, vor allem, wenn dies dazu führt, dass nicht nur politische, sondern auch militärische Kreise anfangen, über sicherheitspolitische Strategien nachzudenken, wie dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen sei.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change,IPCC) verfolgt einen anderen Ansatz, indem er in seinem fünften Bericht von 2013 darauf eingeht, dass sich der Klimawandel erwiesenermaßen auf die menschliche Sicherheit auswirken wird, auch wenn dies nicht mit bewaffneten Konflikten Hand einhergehen muss. Auch Deutschland und das Vereinigte Königreich haben sich in diesem Sinne mehrfach bemüht, den Klimawandel als Sicherheitsthema dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anzutragen.

Auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU) warnt vor dem steigenden Sicherheitsrisiko, das dem Klimawandel innewohnt, und verweist in seinem Sonderbericht 2007 „Sicherheitsrisiko Klimawandel“ auf vier Bereiche, in denen klimabedingte Konfliktkonstellationen entstehen könnten:

   a) Rückgang der Süßwasserverfügbarkeit

   b) Rückgang der Nahrungsmittelproduktion

   c) Zunahme von Sturm- und Flutkatastrophen

   d) Migration

Klimabedingter Rückgang der Süßwasserverfügbarkeit

Durch den Klimawandel wird der Wasserhaushalt in vielen Regionen negativ beeinflusst. Wasser wird knapper, weil entweder die Ressourcen insgesamt abnehmen oder seine Verfügbarkeit über das Jahr verteilt stärkeren Schwankungen unterworfen ist. Gleichzeitig steigt die Nachfrage an Wasser durch das globale Bevölkerungswachstum und die steigenden Ansprüche der Menschen. Diese Versorgungslücke verursacht schon heute in Teilen der Welt gesellschaftliche Konflikte, die ohne formale Regeln und Abkommen über die Nutzung der Wasservorkommen auf lokaler und regionaler Ebene auch zu Gewalt führten. Auf internationaler Ebene kam es hingegen selten zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten, statt dessen ließen sich oft Wasserkrisen sich durch besseres Wassermanagement beilegen und einvernehmliche Lösungen durch Kooperation finden. Durch ein integriertes Wassermanagement, das auch die Folgen des Klimawandels berücksichtigt, ließen sich gewaltsame Konflikte um Wasser eingrenzen.

Klimabedingter Rückgang der Nahrungsmittelproduktion

Die Agrarproduktion könnte durch den Klimawandel in einigen Weltregionen in Mitleidenschaft gezogen werden; eine Abnahme der Produktivität durch verschlechterte Umweltbedingungen ist sehr wahrscheinlich. Teile der Wissenschaft befürchten dadurch ein erhöhtes Risiko von Ernährungskrisen, die destabilisierend oder Konflikt verschärfend wirken könnten.

Produktionsrückgänge werden insbesondere für Entwicklungsländer erwartet, die durch Nahrungsimporte aus den Industrienationen nicht ausgeglichen werden können. Diese zusätzliche Belastung könnte sich entwicklungshemmend auf diese ohnehin schwächeren Staaten auswirken.

Als krisenpräventive Gegenmaßnahme empfiehlt der WBGU einerseits Anpassungen im Agrarbereich als Antwort auf den Klimawandel vorzunehmen und andererseits eine gute Regierungsführung zu fördern, die sozialen Ausgleich, gesellschaftliche Teilhabe und Entwicklung anstrebt.

Klimabedingter Zunahme von Sturm- und Flutkatastrophen

Durch den Klimawandel werden vermehrt tropische Wirbelstürme und Witterungsextreme sowie ein Ansteigen des Meeresspiegels erwartet. Die Auswertung vergangener Sturm- und Flutkatastrophen mit mehr als 1.000 Todesopfern ergibt, dass sich in deren Folge bestehende politische und gesellschaftliche Konflikte verschärfen können. Präventiver Katastrophenschutz kann hier auch helfen, Konflikte zu vermeiden. Hilfreich wäre es, einerseits eine entsprechende Infrastruktur und Notfallvorsorge aufzubauen sowie andererseits die Landnutzungsplanung zu verbessern.

Umweltbedingte Migration

Schon heute führen Katastrophenereignisse zu umweltbedingten Fluchtbewegungen. Der Hurrikan Katrina, der 2005 New Orleans verwüstete, ist nur ein einzelnes, prominentes Beispiel dafür, wie Menschen durch eine Naturkatastrophe in die Flucht getrieben wurden. Auch die voranschreitende Degradation der Umwelt kann zur Ursache für Migration werden.

Umstritten ist, inwieweit Migration auch durch Konflikte ausgelöst wird, die entweder in Folge von Umweltveränderungen entstanden oder die selbst Umweltbedingungen verändern bzw. verschlechtern. Zu untersuchen wäre auch, ob eine umweltbedingte Abwanderung wiederum Konflikte in der Ausgangs-, Durchgangs- oder Zielregion beeinflusst oder entfacht.

In den meisten Fällen ist es extrem schwierig, Migranten zu identifizieren, die allein aufgrund von Umweltfaktoren abwanderten. Auch die Annahme, dass Migranten ihrerseits (Umwelt)konflikte verschärfen, ist nicht belegt. Ebenso steht ein belastbarer Nachweis für den angeblichen Kausalzusammenhang zwischen Umweltfaktoren und Konfliktauslösung bzw. –verschärfung nach wie vor aus. Im Gegenteil – oft haben Mangelsituationen in der Vergangenheit auch zu verstärkter Kooperation und eben nicht zu Konflikten geführt.

In allen Fällen besteht ein wesentlich komplexeres Ursachengeflecht, das es unverzichtbar macht, Umweltfaktoren nur im Zusammenspiel mit anderen Migrationsgründen zu betrachten. Hierzu gehören die jeweils wirkenden politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Faktoren einer Konfliktsituation ebenso wie historische Einflüsse.

Quellen und weiterführende Informationen

BICC 12/2015


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