Waffenhandel

Kein Krieg ohne die nötige Hardware: militärische Ausrüstung, Waffen und Munition sind eine wichtige Voraussetzung dafür, Streitkräfte zu unterhalten und einzusetzen. Viele Staaten erwerben diese Produkte von ihren heimischen Rüstungsunternehmen. Fehlt ihnen eine solche Industrie oder verfügt diese nicht über die nötigen Kapazitäten, um z.B. besonders anspruchsvolle, moderne Waffensysteme selbst herzustellen, müssen Militärgüter aus dem Ausland, also auf dem internationalen Rüstungsmarkt, beschafft werden.

Nach einer Einschätzung des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI hatte der Weltrüstungshandel im Jahr 2009 ein Volumen von insgesamt etwa 51,1 Billionen US-Dollar (vgl. Holtom/Bromley 2010). Nachdem der Umfang internationaler Waffengeschäfte nach Ende des Kalten Krieges zunächst etwas zurückgegangen war und Mitte der 1990er Jahre einen Tiefpunkt erreichte, ist vor allem in den letzten Jahren wieder ein rasanter Aufschwung zu verzeichnen. Beflügelt von weltweit steigenden Militärausgaben, bewegt sich der Rüstungshandel nunmehr auf einem ähnlich hohen Niveau wie zu den Zeiten des Ost-West -Konflikts.

Statistiken zeigen, dass die größten Waffenexporteure in der Regel reiche Länder bzw. Länder mit einer großen und technisch fortschrittlichen Rüstungsindustrie sind. Zwischen 2005 und 2009 waren dies laut SIPRI die USA, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien – allesamt Mitglieder der G-8 also der acht größten Industrienationen der Welt. Mehr als 50 Prozent aller weltweiten Waffengeschäfte entfielen dabei alleine auf Lieferungen aus den USA und Russland.

Beim Blick auf die größten Importeure von Rüstungsgütern zeigt sich ein etwas anderes Bild. Die vom Gesamtvolumen der eingeführten Waffen her bedeutendsten Empfänger waren in den letzten Jahren sogenannte „Schwellenländer“, d.h. vergleichsweise ärmere Staaten mit schnell wachsenden Volkswirtschaften. Allen voran sind hier China und Indien zu nennen, nach Angaben von SIPRI die beiden größten Rüstungsimporteure der Welt für den Zeitraum zwischen 2005 und 2009. Parallel zum Waffenkauf haben diese beiden Staaten in den letzten Jahren auch ihre Militärhaushalte massiv erhöht.

Einer Studie des Congressional Research Service (CRS) der USA des Jahres 2009 zufolge gingen zwischen 2001 und 2008 65 Prozent aller internationalen Waffenlieferungen in Entwicklungsländer. Auch hier erweist sich als allgemeiner Trend im weltweiten Rüstungsmarkt, dass reiche Industrienationen Waffen und Rüstungsgüter in ärmere Länder exportieren.

Ganz arme Staaten, etwa in Afrika südlich der Sahara, nehmen in den Importstatistiken zwar keinen der vorderen Plätze ein, da sie sich keine besonders teuren und modernen Waffensysteme leisten können. Gleichwohl ist aber gerade in diesen Ländern, die in der Regel nicht über eine eigene Rüstungsindustrie verfügen, die Abhängigkeit von Importen am größten. Das gilt umso mehr für sogenannte nicht staatliche bewaffnete Gruppen, die in den Kriegen der letzten zwei Jahrzehnte eine immer wichtigere Rolle spielten bzw. spielen. Gerade in den ärmeren Regionen der Welt werden viele Kriege erst durch den internationalen Rüstungsmarkt ermöglicht.

Es gibt einige Bestrebungen, die potenziell destabilisierenden Auswirkungen des internationalen Waffenhandels einzudämmen. Die wohl direkteste Maßnahme sind Sanktionen, die den Empfängern die Einfuhr von Rüstungsgütern verbieten. Seit Ende des Kalten Krieges hat z.B. der UN-Sicherheitsrat Waffenembargos gegen eine Vielzahl von Ländern verhängt, darunter Afghanistan, Angola, die Demokratische Republik Kongo, Eritrea, Äthiopien, Irak, Liberia, Libyen, Ruanda, Sierra Leone, Somalia, Sudan und Jugoslawien.

Eine eher indirekte Möglichkeit den Rüstungshandel zu kontrollieren ist der Versuch, mögliche Käufer aus solchen Wirtschaftskreisläufen auszuschließen, die ihnen das Erwerben von Waffen auf dem internationalen Markt ermöglichen. Insbesondere arme Staaten sowie nicht staatliche Gruppen können Militärgüter oftmals nur im Tausch gegen natürliche Ressourcen beschaffen. Bekanntestes Beispiel sind die sogenannten „Blutdiamanten“, deren Gewinnung und Verkauf viele Bürgerkriege im afrikanischen Raum finanzierte. Auch hier können Sanktionen ansetzen, wie z.B. ein 2003 gegen Liberia verhängtes Embargo der Vereinten Nationen, das den Export von Diamanten untersagte. Seit 2003 gibt es überdies ein internationales Zertifizierungssystem für Diamanten – den „Kimberley Prozess“. Dieses System soll sicher stellen, dass die Steine, die auf globalen Märkten gehandelt werden, nicht ursprünglich aus Kriegs- bzw. Bürgerkriegsgebieten stammen.

Der internationale Waffenhandel kann auch auf der Ausfuhrseite kontrolliert werden. 1996 trafen sich die größten Rüstungsexporteure, darunter die USA und Russland, in einem Vorort von Den Haag und einigten sich auf das „Wassenaar-Arrangement“. Dieses umfasst eine ausführliche Liste all jener Militärgüter, die einer strikten Ausfuhrkontrolle unterliegen sollten, sowie eine gemeinsame Erklärung der inzwischen 40 Mitgliedsstaaten, keine Waffen exportieren zu wollen, wenn die Lieferung die „internationale Sicherheit und Stabilität“ gefährdet.

Innerhalb der Europäischen Union gibt es seit 1998 einen sehr viel konkreteren Verhaltenskodex zum Rüstungsexport, der 2008 zu einem Gemeinsamen Standpunkt aufgewertet wurde. Er zählt insgesamt acht Kriterien auf, welche die EU-Staaten bei der Genehmigung von Waffenausfuhren berücksichtigen sollten, so z.B. die Achtung der Menschenrechte und die innenpolitische Lage im Empfängerland (vgl. www.ruestungsexport.info).

Die jüngste Initiative zur besseren Kontrolle des grenzüberschreitenden Handels mit Militärgütern geht auf einen Beschluss der UN-Generalsversammlung von 2006 zurück, ein weltweites Waffenhandelsabkommen (Arms Trade Treaty, ATT) verabschieden zu wollen. Die Diskussionen in der Staatengemeinschaft zur genauen und endgültigen Ausgestaltung dieses Abkommens dauern derzeit noch an. Eine Einigung darüber, welche Rüstungsgüter vom ATT erfasst werden und wie deren Handel reguliert werden sollte, wird für 2012 erwartet.

Mit Blick auf die zurzeit gültigen Regulierungsbemühungen ist es schließlich möglich, den weltweiten Rüstungshandel in „legale“ und „illegale“ Geschäfte zu unterteilen. Erstere halten sich an nationale und internationale Kontrollregime, letztere versuchen diese zu umgehen oder zu unterwandern. Diese Unterscheidung sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass natürlich auch „legale“ Waffenverkäufe Kriege ermöglichen und anheizen können. Darüber hinaus weisen Nichtregierungsorganisationen immer wieder auf Lücken in bestehenden Regulierungsmechanismen hin. Was als „legaler“ Export beginnt, kann leicht auf schwarzen oder „grauen“ Märkten enden.

Quellen und weiterführende Informationen:


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