Atomwaffen

Atomwaffen (auch Kernwaffen und Nuklearwaffen genannt) sind Massenvernichtungswaffen, deren Wirkungen auf Kernspaltung oder Kernfusion beruhen. Zu ihrer Herstellung wird entweder zu über 90 Prozent hoch angereichertes Uran aus Urananreicherungsanlagen oder in Wiederaufbereitungsanlagen aus abgebrannten Kernbrennstäben separiertes Plutonium benötigt. Je nach Größe und Explosionsort (am Boden oder in der Luft) kann eine einzige Atombombe größere Flächen zerstören und damit auch viele zehntausende bzw. sogar hunderttausende Menschen töten. Nicht zur Kategorie von Atomwaffen gehören so genannte radiologische Waffen („Schmutzige Bomben“), bei denen durch die Zündung konventioneller Sprengstoffe radiologisches Material verbreitet wird, wobei es zu keiner nuklearen Kettenreaktion kommt.

Einsatz von Atomwaffen

Das US-Atomwaffenprogramm begann während des Zweiten Weltkrieges aus Furcht, dass Hitler-Deutschland eine solche Waffe entwickeln könnte. Nach der Kapitulation Hitlers, als in Asien noch Krieg gegen Japan herrschte, warfen die USA per Flugzeug am 6. August 1945 über Hiroshima und am 9. August über Nagasaki jeweils eine Atombombe ab. Mindestens 100.000 Menschen starben in den beiden Städten noch am Tag des Bombenabwurfs. Den mittelbaren Folgen durch Brandwunden und radiologische Strahlung fielen in den folgenden vier Monaten 100.000 bis 150.000 weitere Menschen zum Opfer (Radiation Effects Research Foundation).

Die US-Regierung rechtfertigte den Atombombeneinsatz damit, dass so Menschenleben - vor allem amerikanische – hätten gerettet werden können, da Japan auf diese Weise ohne US-Bodenoffensive zu einer schnellen Kapitulation hätte gezwungen werden können. Doch einige Experten halten dem entgegen, dass Japan ohnehin kurz vor der Kapitulation stand. Der Einsatz der Atombombe sei auch als eine Machtdemonstration gegenüber der Sowjetunion gedacht gewesen.

Auch in späteren Konflikten (u.a. Korea-Krieg, Vietnamkrieg) befürworteten führende US-Militärs und US-Politiker einen Einsatz von Atomwaffen. Allerdings entschied sich die US-Administration aus politischen, ethischen und militärischen Gründen immer gegen solche Vorschläge.

Proliferation von Atomwaffen

Nach den USA führte die Sowjetunion 1949 als zweites Land einen Atomwaffentest durch. 1952 folgte der US-Bündnispartner Großbritannien, 1960 Frankreich, 1964 China. Eine gewisse Zeit später besaßen diese Staaten dann auch einsatzfähige Atomwaffen. Indien führte 1974 und 1998 einen Atomtest durch, Pakistan folgte ebenfalls 1998. Wohl seit 1967 besitzt Israel Atomwaffen, ohne jemals offiziell einen Atomwaffentest durchgeführt zu haben. Nordkorea führte 2006 und 2009 nukleare Tests durch und besitzt anscheinend nuklearwaffenfähiges Material, aber wohl noch keine einsatzfähigen Atomwaffen. Ein weiteres Land, das verdächtigt wird, ein Atomwaffenprogramm zu haben, ist der Iran.

Weswegen streben Staaten nach Atomwaffen? Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Bedrohungswahrnehmung. Atomwaffen werden als letzte „Sicherheitsgarantie“ betrachtet – sei es gegen konventionelle Überlegenheit oder gegen Atomarsenale anderer Staaten. Dies war zum Beispiel der vorrangige Grund für die USA (gegen Hitler-Deutschland), für die Sowjetunion (gegen die USA), für China (gegen die USA und später auch die Sowjetunion), für Indien (gegen China), für Pakistan (gegen Indien), für Israel (gegen die arabischen Staaten) und für Nordkorea (gegen die USA und Südkorea).

Ein weiterer Grund ist die Auffassung, dass Atomwaffen das Ansehen und Prestige des eigenen Landes erhöhen. Damit wird die Hoffnung verbunden, den eigenen Einfluss vergrößern zu können. Dieses Motiv dürfte zum Beispiel für Großbritannien und Frankreich mit entscheidend für ihr Atomwaffenstreben gewesen sein.

Zahlreiche weitere Staaten haben die Entwicklung von eigenen Atomwaffen zeitweise erwogen, bzw. zeitweise Nuklearwaffenprogramme betrieben. Dazu gehören Argentinien, Australien, Ägypten, Brasilien, die Bundesrepublik Deutschland, der Irak, Japan, Kanada, Libyen, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Südafrika und Südkorea. Während der Irak erst nach der militärischen Niederlage im Golfkrieg 1991 sein Atomwaffenprogramm einstellte, beendeten alle übrigen Staaten ihre Programme aus innenpolitischen Gründen, wegen Bündnisbeziehungen zu einer Nuklearmacht („nuklearer Schirm“) oder im Zusammenhang mit diplomatischen Bemühungen.

Die Staaten, die ihre Atomwaffenüberlegungen und -programme wieder eingestellt haben, schätzten ein, dass Atomwaffen für ihre Sicherheit und ihr Prestige nicht nötig oder sogar schädlich seien. Auch die Entstehung der neuen Atommächte Israel und Nordkorea hat bisher nicht zu einer weiteren nuklearen Proliferation in der jeweiligen Region geführt, obwohl die Konflikte dort gravierend sind. Die tatsächlich stattgefundene nukleare Proliferation ist damit geringer ausgefallen als oftmals vermutet.

Anzahl von Atomwaffen

Vor allem wegen des Wettrüstens zwischen den USA und der Sowjetunion nahm die Anzahl der Atomwaffen bis Mitte der 1980er Jahre rasant zu. Damals gab es 70.000 Atomwaffen auf der Welt, der überwiegende Teil befand sich im Besitz der USA und der Sowjetunion. Das war mehr als genug, um die Welt mehrfach in die Luft zu sprengen.

2012 gab es insgesamt noch etwa 19.000 Atomsprengköpfe (s. Federation of American Scientists). Auch dies reicht noch für einen mehrfachen Overkill aus. Russland besitzt insgesamt 10.000 Atomwaffen, wovon 1.800 unmittelbar einsatzbereit sind, während 3.700 in Reserve gehalten werden und weitere 4.500 zur Demontage bestimmt sind. Die USA haben insgesamt 8.000 Atomwaffen. Davon sind 2.150 unmittelbar einsatzbereit, 2.850 werden in Reserve gehalten und weitere 3.000 sind zur Demontage vorgesehen.

Die übrigen Staaten haben erheblich weniger Atomwaffen: Frankreich 300, China 240, Großbritannien 225, Pakistan 90 bis 110, Indien, 80 bis 100, Israel 80. Nordkorea hat atomwaffenfähiges Material für weniger als 10 Sprengköpfe.

Kritik an Atomwaffen

Die Kritik an Atomwaffen ist so alt wie die Atomwaffen selbst. Die Schrecken der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki, die gesundheitlichen Folgen von Atomwaffentests, vor allem aber die Gefahren des Rüstungswettlaufs zwischen den nuklearen Supermächten während des Kalten Krieges haben immer wieder Proteste der Friedensbewegungen hervorgerufen und auch staatliche Bemühungen um eine Kontrolle und Abrüstung nuklearer Waffen gefördert.

Nachdem die Welt 1962 in der Kuba-Krise am Rande eines Nuklearkrieges zwischen den USA und der Sowjetunion stand, konnte 1963 mit dem partiellen Teststoppvertrag zwischen den USA, der Sowjetunion und Großbritannien1963 ein erster Erfolg erzielt werden. Es folgten 1968 der Atomsperrvertrag und verschiedene bilaterale Abkommen zwischen der Sowjetunion/Russland und den USA ab 1972. Das letzte wurde 2010 abgeschlossen.

Trotz des Endes des Kalten Krieges blieb die Anzahl der Atomwaffen hoch und auch die Einsatzdoktrinen wurden kaum geändert. Seit etwa 2008 nahm die Diskussion um eine atomwaffenfreie Welt zu. Zum einen wuchs der Zweifel an der militärischen und politischen Nützlichkeit von Atomwaffen. Zum anderen nahm die Befürchtung zu, die Gefahren der Proliferation ohne drastische Kürzungen der Atomarsenale der Großmächte und ohne das Ziel einer globalen Nulllösung nicht erfolgreich eindämmen zu können. Allerdings blieb das Ziel einer atomwaffenfreien Welt umstritten. Die Atommächte wie auch die NATO sehen Atomwaffen nach wie vor als letzte Garanten ihrer Sicherheit an und betreiben aktuell eine teure Modernisierung ihrer Arsenale.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag urteilte schon 1996 in einem Rechtsgutachten,, „dass die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen im allgemeinen gegen die Regelungen des Völkerrechts verstoßen würde, die für bewaffnete Konflikte gelten, und insbesondere gegen die Prinzipien und Regelungen des humanitären Völkerrechts". Allerdings ließ er offen, „ob die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen in einem extremen Fall der Selbstverteidigung, bei dem das Überleben aufs Äußerste gefährdet wäre, legal oder illegal sei" (International Court of Justice).

Quellen und weiterführende Informationen

BICC 01/2013


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