Rüstungskontrolle und Abrüstung von ABC-Waffen

Der Verzicht der Bundesrepublik Deutschland auf die Herstellung atomarer, biologischer und chemischer Waffen wurde zunächst in den 1950er Jahren im WEU-Vertrag (Vertrag über die Westeuropäische Union) verankert. Später folgte 1990 mit dem 2+4-Vertrag (zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten des 2. Weltkriegs), der die deutsche Einheit flankierte, eine weitere rüstungskontrollpolitische Vereinbarung. Beide Abkommen sollten verhindern, dass Deutschland über eigene Massenvernichtungswaffen verfügt.

Rüstungskontrolle kann dazu beitragen, dass mit konkurrierenden Waffenpotenzialen kalkulierbarer und vernünftiger umgegangen wird sowie dass deren Vergrößerung vertraglich begrenzt wird, damit von ihnen geringere Gefahren für den Weltfrieden ausgehen. Beispiele für Rüstungskontrollprozesse dieser Art sind u.a.

  • Vereinbarungen über vertrauensbildende Maßnahmen, so zum Beispiel über einen Datenaustausch mit dem Ziel größerer Transparenz,
  • Vereinbarungen zur Verbesserung der Kommunikation und des Krisenmanagements (z.B. die Einrichtung des „roten Telefons“),
  • Abkommen über bilaterale oder multilaterale Begrenzungen von bestimmten Waffensystemen oder Abkommen mit dem Ziel der Nichtverbreitung der Technologien für ABC-Waffen und deren Trägersysteme dienen wie z.B. der nukleare Nichtverbreitungsvertrag
  • Beide, Rüstungskontrolle und Abrüstung, können auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. Ein Weg führt über bilaterale oder multilaterale Verhandlungen, die auf völkerrechtliche Verträge zielen, mit denen bestimmte
  • Waffenpotentiale transparent und kalkulierbarer gemacht, begrenzt, reduziert oder sogar eliminiert werden sollen. Ein anderer läuft über einseitige Abrüstungsmaßnahmen.

Im Bereich der atomaren Waffen finden sich Beispiele für jede dieser Vorgehensweisen und Zielsetzungen. Mit den SALT-Verhandlungen und –Verträgen (Strategic Arms Limitation Talks / Treaties) wollten die USA und die UdSSR während des Kalten Krieges ihrem bilateralen atomaren Rüstungswettlauf im Bereich der weitreichenden strategischen Atomwaffen Grenzen setzen. Sie verpflichteten sich, die Zahl ihrer strategischen Trägersysteme für Atomwaffen nach oben hin zu begrenzen. Später folgten die sogenannten START-Verhandlungen und –Verträge (Strategic Arms Reduction Talks / Treaty), mit denen die Zahl maximal zulässiger Trägersysteme in beiden Nationen schrittweise abgesenkt und Obergrenzen für die zulässige Zahl der für diese Systeme vorgesehenen Atomsprengköpfe festgelegt wurden. In dieser Tradition steht auch der Moskauer SORT-Vertrag aus dem Jahr 2002 und der derzeit gültige New START-Vertrag.

Dem Ziel der Eliminierung einer ganzen Waffenkategorie diente zum Beispiel der INF-Vertrag, mit dem die UdSSR und die USA 1987 einen Verzicht auf landgestützte Nuklearwaffen mit Reichweiten von 500 bis 5.500 Kilometer vereinbarten. Beispiele für multilaterale Abrüstungsverträge mit dem Ziel der Eliminierung und des Verbotes ganzer Waffenkategorien sind auch die Chemiewaffenkonvention (CWC) und die B-Waffenkonvention (BWC).

Ein anderer Weg zu Rüstungskontrolle und Abrüstung führt über einseitige Abrüstungsmaßnahmen. Meist beruhen sie auf Gegenseitigkeit und vorheriger Absprache der Beteiligten. Sie können in den Abschluss rechtlich bindender Verträge münden, müssen es aber nicht. Ein Beispiel sind die sogenannten Presidential Nuclear Initiatives, mit denen Washington und Moskau sich 1991/92 die Außerdienststellung, Reduzierung und spätere Vernichtung tausender taktischer Nuklearwaffen politisch verbindlich zugesagt haben. Einseitige Vorleistungen und freiwillige Selbstbeschränkung wurden auch wiederholt als vertrauensbildende Maßnahmen eingesetzt. So haben zum Beispiel einzelne Nuklearmächte das Testen nuklearer Waffen zeitweilig eingestellt und ihre Kontrahenten aufgefordert, es ihnen gleich zu tun. Heute verzichten alle etablierten Atommächte schon seit vielen Jahren darauf, Atomwaffenversuche durchzuführen und weiteres Spaltmaterial für Atomwaffen herzustellen. Sie wollen damit das Zustandekommen neuer und das Inkrafttreten bereits ausgehandelter internationaler Verträge, wie des Fissile Material Cut-off Treaty (FMCT - Vertrag über das Verbot der Produktion weiteren waffenfähigen Spaltmaterials) oder des Comprenhesive Test Ban Treaty (CTBT, Vertrag über ein vollständiges Verbot des Testens von Atomwaffen) erleichtern und befördern.

Schließlich sind auch Vereinbarungen über präventive Rüstungskontrolle denkbar, also Maßnahmen mit dem Ziel, technisch mögliche Waffenpotenziale gar nicht erst zu entwickeln oder zu bauen. Ein mögliches Ziel präventiver Rüstungskontrolle könnte in der Zukunft beispielsweise ein Vertrag sein, der es verbietet, atomare, biologische oder chemische Waffen an Bord von Drohnen zu stationieren.

Letztlich zielen sowohl Rüstungskontrolle als auch Abrüstung in den meisten Fällen auf den Abschluss bilateraler, multilateraler oder gar global gültiger Verträge ab, die die erreichten Vereinbarungen irreversibel machen sollen. Sie streben also auf eine Verrechtlichung der internationalen Beziehungen und eine Stärkung des Rechtes an und wollen so die Gefahr mindern, dass Staaten auf das Recht des Stärkeren zurückgreifen.

Rüstungskontrolle und Abrüstung können auch der Stärkung des humanitären Völkerrechtes dienen, z.B. dann, wenn sie den Einsatz unterschiedslos gegen Kombattanten und Nichtkombattanten wirkender Waffen oder von Waffen, die unnötiges Leid verursachen, begrenzen oder verbieten. Umgekehrt kann das humanitäre Völkerrecht aber auch ein gewichtiges Argument für neue Rüstungskontroll- oder Abrüstungsvereinbarungen werden. Ein wichtiges aktuelles Beispiel für diese Fragestellung sind Vorstöße in den letzten Jahren, den Besitz und Einsatz nuklearer Waffen völkerrechtlich zu ächten.

Die Nichtweiterverbreitung atomarer, biologischer und chemischer Waffen sowie der Trägersysteme für solche Waffen ist neben dem Ziel der Abrüstung ein weiteres, ergänzendes Ziel. Dieses wird zum einen durch multilaterale Verträge wie die B- und C-Waffen-Konvention sowie den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag verfolgt, aber auch durch Vereinbarungen über multilaterale Exportkontrollregime, mit denen sich die Staaten, die über entsprechende Fähigkeiten und Technologien zur Herstellung solcher Waffen verfügen, verpflichten, diese nicht weiterzugeben.

Im Kontext von Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung wird häufig intensiv über „Verifikation“ diskutiert, also über die Möglichkeiten zur Überprüfung der Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen durch die Vertragsparteien und die Verhinderung eines potenziellen Ausbruchs aus den vertraglichen Vereinbarungen. Bei diesem Thema widerstreiten meist zwei Zielvorstellungen: Einerseits wünschen sich die Vertragspartner eine möglichst vollständige Absicherung dagegen, dass andere Vertragspartner die getroffenen Vereinbarungen brechen. Sie wollen anderen möglichst vollständig in die Karten schauen können – zum Beispiel durch umfassende Inspektionsrechte. Zugleich fürchten sie aber, dass andere Länder damit ebenfalls ein vertraglich verbrieftes Recht bekommen, wirtschaftliche und technische Insidererkenntnisse zu bekommen. Verifikationsrechte könnten so zur Spionagezwecken missbraucht werden. Obwohl z.B. die B-Waffen-Konvention bereits 1972 abgeschlossen wurde, ist es bis heute nicht gelungen, mit ihr ein wirksames Verifikationsregime zu verknüpfen.

BICC 11/2013


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