Rüstungskontrolle von Weltraumwaffen und sonstige Rüstungskontrollabkommen

In der Geschichte der Menschheit haben neue technische Entwicklungen immer wieder neue Waffensysteme hervorgebracht. Oft führte das auch zu Debatten über Begrenzungen und Verbote dieser Waffen, also über Rüstungskontrolle und Abrüstung. So war es mit der Armbrust im Mittelalter, den U-Booten nach dem ersten Weltkrieg oder den Atomwaffen nach 1945. Während ein Verbot solcher neuen Waffensysteme in der Regel nicht durchsetzbar war, gelang es manchmal, ihre Verbreitung durch zwischenstaatliche Abkommen zu begrenzen.

Nach der Erde, dem Wasser und Luft wird seit den 1950er Jahren auch der Weltraum militärisch genutzt, anfangs vor allem von den nuklearen Supermächten USA und Sowjetunion. Schon damals begannen Bemühungen um Rüstungskontrolle im Weltraum. Wegen der neuen technologischen Fähigkeiten, zum Beispiel der der Möglichkeit, Anti-Satelliten-Waffen oder „Killer-Satelliten“ zu entwickeln, erlangten Diskussionen um Rüstungskontrolle im All im 21. Jahrhundert wieder eine wachsende Bedeutung.

Hinzugekommen sind Vorschläge für Begrenzungen und Verbote anderer neuartiger Waffentechnologien: unbemannter bewaffneter Systeme wie Kampfdrohnen, Fahrzeuge und Roboter. Da diese Technologien ebenso wie manche Weltraumwaffen zum Teil erst in den Kinderschuhen stecken, geht es hier vor allem um eine „präventive“ Rüstungskontrolle.

Weltraumwaffen-Definition

Als Weltraumwaffen gelten zum einen bewaffnete Systeme wie waffentragende Satelliten, die im Weltraum stationiert sind, und bewaffnete Raumgleiter, also Flugkörper, die längere Zeit im Weltraum um die Erde kreisen. Solche Systeme könnten Ziele im Weltraum selbst und/oder Ziele auf der Erde angreifen. Zum anderen gehören auch bodengestützte Raketen, die zum Beispiel gegen Satelliten eingesetzt werden können, zu dieser Kategorie.

Bodengestützte Waffen, wie zum Beispiel Interkontinentalraketen, die gegen Ziele auf der Erde gerichtet sind, aber durch den Weltraum fliegen, werden hingegen üblicherweise nicht als Weltraumwaffen bezeichnet. Auch passive militärisch genutzte Systeme im Weltraum – Satelliten für militärische Aufklärung, Kommunikation und Navigation – gelten nicht als Weltraumwaffen.

Weltraummilitarisierung und Rüstungskontrolle

1957 gab es einen einzigen Satelliten im All, heute sind es über 1 100 aktive Systeme. Hinzu kommen etwa 20 000 nicht mehr funktionsfähige Satelliten bzw. -teile, die nach wie vor ständig um die Erde kreisen. Der Weltraum spielt für den Alltag der Menschen eine immer größere Rolle – Handy, Internet, GPS, Klimabeobachtung und Wettervorhersage sind nur einige Beispiele an Diensten, die durch Satelliten ermöglicht werden.

Auch für das Militär sind Satelliten immer wichtiger geworden. Durch sehr sensible optische Sensoren und schnelle Übertragung können Bilder in Echtzeit an die militärischen Kommandostellen oder auch direkt an die Soldaten vor Ort gesendet werden. Fast die gesamte Kommunikation mit der Truppe läuft inzwischen über Satelliten. Auch Präzisionsmunition wird mit ihrer Hilfe in Ziele navigiert. Die Überwachung des Weltraums, um zum Beispiel Abschüsse von feindlichen Raketen zu orten, ist ebenfalls ohne Satelliten nicht denkbar.

Zwölf Staaten haben bisher erfolgreich von eigenen Abschussrampen Satelliten ins All befördert: die Sowjetunion (Russland), die USA, Frankreich, Japan, China, Großbritannien, Indien, Israel, die Ukraine, Iran, Nordkorea und Südkorea. Weiter Staaten wie Brasilien sind dabei, eigene Abschussrampen zu entwickeln. Satelliten von mehr als sechzig Staaten kreisen gegenwärtig um die Erde. Die USA sind zivil wie militärisch jedoch mit Abstand die dominierende Weltraummacht. Weil die Supermacht militärisch global agieren möchte, ist sie besonders auf ihre Systeme im Weltraum angewiesen. Die Hälfte der etwa 170 rein militärischen Satelliten gehört den USA. Aber auch Russland, China, Deutschland, Frankreich und andere Staaten nutzen Satelliten für militärische Zwecke.

Die militärische Nutzung des Weltraums hat schon in den 1950er Jahren Bemühungen um Rüstungskontrolle hervorgerufen. Der Vertrag über einen partiellen Atomteststopp von 1963 verbot Atomtests unter Wasser, in der Atmosphäre und im Weltraum. Er wurde von den USA, Großbritannien und der Sowjetunion gemeinsam vorgeschlagen.

Vier Jahre später gelang es nach zahlreichen entsprechenden Resolutionen von UN-Vollversammlungen, den sogenannten „Weltraumvertrag“ abzuschließen. Er besagt, dass der Weltraum allen Staaten zur friedlichen Nutzung zur Verfügung stehen soll. Die Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum wird darin verboten und militärische Tests sowie jegliche militärischen Installationen auf allen Himmelskörpern untersagt. Hintergrund dieses Teilerfolges war die Einsicht, dass der Schaden von Massenvernichtungswaffen im Weltraum für die Stabilität und den Frieden in der Welt größer wiegt als ihr potenzieller militärischer Nutzen. Pläne des US-Generalstabs, den Einsatz kleinerer Nuklearwaffen im All vom Verbot auszuschließen, wurden von der US-Regierung abgelehnt.

Der Weltraumvertrag ist völkerrechtlich der wichtigste Vertrag, der die militärische Nutzung des Weltraums begrenzt. Allerdings verbietet er nicht die Detonation von Atomwaffen im Weltraum - eine Methode zum Abfangen von Raketen, die sowohl die USA als auch die Sowjetunion/Russland erforscht haben und beherrschen. Ebenso wenig untersagt er die Durchquerung des Alls mit konventionellen oder mit Massenvernichtungswaffen bestückten Raketen. Auch der Stationierung von konventionellen Waffen und von militärischen Aufklärungs-, Kommunikations- und Navigationssatelliten im Weltraum schiebt er keinen Riegel vor.

Angesichts der technologischen Entwicklung besteht auch die Sorge, dass aktive Waffensysteme im Weltraum stationiert werden – sei es, um von dort andere Satelliten oder aber Raketen oder sogar Objekte auf der Erde bedrohen zu können. Eine Stationierung von Waffen im All wäre eine neue Stufe der Militarisierung des Weltraums. Die Gefahr, dass Konflikte auch im Weltraum ausgetragen würden, wäre dann nicht mehr auszuschließen.

Vor diesem Hintergrund fordert die UN-Vollversammlung seit Jahren Verhandlungen, um eine Stationierung von aktiven Waffensystemen im Weltraum zu verhindern. Russland und China haben 2008 einen Entwurf für einen solchen Vertrag in der Genfer UN-Abrüstungskonferenz vorgelegt. Darin sollen sich die Teilnehmerstaaten verpflichten, keine Waffen tragenden Objekte im All oder auf anderen Planeten zu stationieren sowie einen umfassenden Gewaltverzicht gegenüber Weltraumobjekten erklären. Die USA lehnen jedoch einen umfassenden und verbindlichen Rüstungskontrollvertrag für den Weltraum ab. Die Obama-Administration möchte, auch angesichts starker innenpolitischer Widerstände der Republikaner im Kongress, die Handlungsfreiheit der USA - insbesondere in Bezug auf die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen - und ihre Vorherrschaft im All nicht begrenzt sehen.

Jedoch ist Obama im Unterschied zu seinem Vorgänger George W. Bush bereit, über „Regeln zum Verhalten im Weltraum“ zu verhandeln. Einen entsprechenden Vorschlag hat die Europäische Union erarbeitet. Er setzt auf freiwillige Informationsverpflichtungen sowie transparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen für die friedliche Nutzung des Weltraums, ohne jedoch irgendwelche Verbote für Weltraumwaffen zu enthalten. Die Gespräche darüber haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.

Debatte um Rüstungskontrolle neuartiger unbemannter Waffensysteme

Ebenfalls haben der zunehmende Einsatz von Kampfdrohnen durch die USA sowie die Erforschung und Entwicklung anderer unbemannter Waffensysteme (Fahrzeuge, Roboter) Diskussionen und Kritik hervorgerufen. Befürchtet wird, dass sie – erst recht, wenn sie autonom entscheiden können – friedens- und sicherheitspolitisch negative Konsequenzen haben. Zum Beispiel könnte die politische Hemmschwelle zum Einsatz militärischer Gewalt sinken, weil die Gefährdung eigener Soldaten ausgeschlossen ist. Deutsche Friedensforscher fordern deshalb im „Friedensgutachten 2013“, Kampfdrohnen völkerrechtlich international zu ächten. Im „International Committee for Robot Arms Control“ haben sich internationale Experten zusammengeschlossen und fordern Verbote und Rüstungskontrollvereinbarungen in Bezug auf alle unbemannten Waffensysteme. Der UN-Menschenrechtsrat hat beschlossen, sich 2014 mit dem speziellen Thema autonomer - also automatisch entscheidender - vorprogrammierter Kampfroboter zu beschäftigen. Schweden fordert ein Testverbot solcher Waffensysteme.

Quellen und weiterführende Informationen

BICC 11/2013


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