Kurzer geschichtlicher Abriss der Weltraumrüstungskontrolle

Der Beginn von Weltraumrüstungskontrolle

Im Zusammenhang mit dem „Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957-58“ planten sowohl die USA als auch die Sowjetunion erstmals Satelliten in die Erdumlaufbahn zu schicken. Gleichzeitig machten die USA 1957 erste Vorschläge für eine Rüstungskontrolle im All: Internationale Inspektoren sollten überwachen, ob alle in den Weltraum beförderten Objekte ausschließlich friedlichen und wissenschaftlichen Zwecken dienen. Die Sowjetunion lehnte den Vorstoß ab, da sie dabei war, die militärische Überlegenheit der USA durch Interkontinentalraketen auszugleichen. Nachdem es der Sowjetunion im Laufe des Jahres 1957 gelungen war, als erstes Land sowohl eine Interkontinentalrakete zu testen als auch einen Satelliten in die Erdumlaufbahn zu schießen, hatte sie zeitweise gegenüber den USA in Bezug auf den Weltraum einen militärtechnologischen Vorsprung. In dieser Phase schlug US-Präsident Eisenhower 1958 vor, jegliche Tests von militärisch bestückten Raketen zu verbieten. Die Sowjetunion erkläre sich zwar prinzipiell zu einem Verbot von Interkontinentalraketen bereit, stellte aber als Bedingung, dass gleichzeitig auch alle militärischen Stützpunkte im Ausland geschlossen werden. Moskau argumentierte, dass die USA auch von solchen Stützpunkten aus die Sowjetunion mit Flugzeugen und Mittelstreckenraketen bedrohen könnten, während die Sowjetunion keine vergleichbaren Fähigkeiten besäße. Den sowjetischen Gegenvorschlag lehnten die USA wiederum ab, weil sie ihr weltweites Stützpunktsystem mit seinen militärischen Vorteilen nicht aufgeben wollten. Als die USA den sowjetischen Weltraumtechnologievorsprung bald darauf eingeholt hatten, verloren sie das Interesse an einem Verbot von Interkontinentalraketen.

Schon Ende der 1950er Jahre fanden auch in der UN Diskussionen über die friedliche Nutzung des Weltraums statt. Ebenfalls wurden Vorschläge westlicher Staaten und der Sowjetunion für eine „umfassende und vollständige Abrüstung“ im Rahmen der UN diskutiert, in denen auch der Weltraum erwähnt wurde. In den Folgejahren schälte sich zumindest ein Konsens über ein Verbot der Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum heraus. Mehrere UN-Resolutionen führten schließlich 1967 zum Abschluss des „Weltraumvertrages“. Dieser verbot die Stationierung von nuklearen und anderen Massenvernichtungswaffen im Weltraum sowie militärische Tests und jegliche militärischen Installationen auf allen Himmelskörpern. Jegliche andere militärische Nutzung des Weltraums – Detonationen von Massenvernichtungswaffen, Durchquerung von konventionellen oder Massenvernichtungswaffen, Stationierung von konventionellen Waffen im Weltraum – wurde jedoch nicht begrenzt.

Allerdings hatten sich die Nuklearmächte USA, Sowjetunion und Großbritannien, auch unter dem Druck der internationalen Öffentlichkeit, schon 1963 im partiellen Atomteststoppvertrag darauf verständigt, Nuklearwaffentests im Weltraum zu verbieten.

Die rüstungskontrollpolitischen Beschränkungen des Weltraumvertrages wie des partiellen Atomteststoppvertrages wurden auch möglich, weil die Nuklearmächte damit ihre jeweiligen Militärstrategien und militärtechnologischen Entwicklungen nicht beeinträchtigt sahen. Immerhin wurden im Zuge der Verhandlungen über den Weltraumvertrag Pläne des US-Generalstabs, die die Stationierung kleinerer Nuklearwaffen im All vom Verbot ausschließen wollten, von der US-Regierung abgelehnt.

Weltraumrüstungskontrolle und atomare Rüstungskontrolle

Nach 1967 spielte Weltraumrüstungskontrolle vor allem im Zusammenhang mit den Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle der amerikanischen und sowjetischen Nuklearwaffen eine Rolle. Im „Raketenabwehr-Vertrag“ („Anti Ballistic Missiles Treaty“, ABM-Vertrag) von 1972 vereinbarten die USA und die Sowjetunion, die bodengestützten Raketenabwehrsysteme gegen Interkontinentalraketen beider Seiten auf jeweils einen Stationierungsort zu begrenzen. Vollständig verboten wurde „die Entwicklung, Tests und Stationierung von Raketenabwehrsystemen oder ihren Komponenten, die … weltraumgestützt sind“ (Artikel V). Hintergrund war die Erkenntnis, dass neben dem Rüstungswettlauf bei offensiven Nuklearsystemen ein Rüstungswettlauf bei defensiven Systemen keiner Seite Vorteile bringen würde. Allerdings kündigten die USA 2001 einseitig diesen Vertrag, um ihre Raketenabwehrpläne ungehindert verfolgen zu können.

Spezielle Verhandlungen über Anti-Satelliten-Waffen fanden 1978/79 zwischen den USA und der Sowjetunion statt. Beide Staaten hatten sowohl erdgestützte als auch im Weltraum stationierte Anti-Satelliten-Systeme getestet. Die Gespräche führten aber zu keinem Ergebnis.

Weltraumrüstungskontrolle und Raketenabwehrprogramme

Anfang der 1980er Jahre legte die Sowjetunion Vertragsentwürfe zum Verbot der Stationierung jeglicher Waffen im Weltraum in der UN-Vollversammlung vor. 1983 startete US-Präsident Ronald Reagan die sogenannte „Strategic Defense Initiative“ (SDI), die auch „Starwars-Programm“ genannt wurde. Damit wurde die Entwicklung von boden-, luft- und weltraumgestützten Raketenabwehrwaffen forciert, die jegliche Raketenangriffe auf die USA unschädlich machen können sollten. Zahlreiche SDI-Projekte wurden in den Folgejahren jedoch eingestellt, da sie sich als technologisch nicht machbar oder zu teuer erwiesen.

Mit dem SDI-Programm wuchs die Sorge um eine weitere Militarisierung des Weltraums. US-amerikanische Wissenschaftlerorganisationen legten Vorschläge für ein Verbot von boden- sowie weltraumgestützten Anti-Satellitenwaffen vor. Deutsche Wissenschaftler erarbeiteten 1984 einen Vertragsentwurf über die Begrenzung der militärischen Nutzung des Weltraums. Darin war ein Verbot der Entwicklung, des Testens und der Stationierung von Weltraumwaffen vorgesehen. Im Zuge des Endes der Ost-West-Konfrontation nach der Auflösung der Sowjetunion und der drastischen Rückstufung der US-amerikanischen „Strategic Defense Initiative“ durch Reagans Nachfolger ließen die Empfehlungen für eine erweiterte Weltraumrüstungskontrolle international wenig dringlich erscheinen.

US-Präsident George W. Bush kündigte im Jahre 2001 den Anti Ballistic Missiles (ABM)-Vertrag von 1972 einseitig. Dies gab der Diskussion über eine Aufrüstung im All wieder Nahrung. Das neue, deutlich zurück gestutzte Raketenabwehrprogramm der USA soll sich zwar gegen sogenannte Schurkenstaaten wie Nordkorea oder den Iran richten. Doch auch Russland und China sehen damit ihre nuklearen Zweitschlagsfähigkeiten potenziell beeinträchtigt. Hinzu kam, dass sowohl China 2007 als auch die USA 2008 mit einer Rakete einen eigenen Satelliten abschossen. Damit bewiesen sie die Fähigkeit, von Land bzw. zu Wasser Satelliten im Weltraum abzuschießen. Diese Fähigkeit haben potentiell alle Staaten, die in der Lage sind, Raketen ins All zu befördern.

Aktuelle Diskussion

Vor diesem Hintergrund fordert die UN-Vollversammlung seit Jahren Verhandlungen, um eine Stationierung von aktiven Waffensystemen im Weltraum zu verhindern. Russland und China haben 2008 gemeinsam einen Entwurf für einen solchen Vertrag in der Genfer UN-Abrüstungskonferenz vorgelegt. Darin sollen sich die Teilnehmerstaaten verpflichten, keine Waffen tragenden Objekte im All oder auf anderen Planeten zu stationieren, sowie einen umfassenden Gewaltverzicht gegenüber Weltraumobjekten erklären. Bodengestützte Anti-Satellitenwaffen werden darin jedoch nicht erwähnt. Ihr Verbot wäre auch kaum kontrollierbar, da alle Staaten, die Raketen ins All schießen können, damit auch Satelliten zerstören könnten.

Insofern geht es China und Russland mit ihrem Vertragsentwurf auch darum, eine noch größere militärtechnologische Überlegenheit der USA im Weltraum durch Verbote zu verhindern. Die USA lehnen jedoch einen umfassenden und verbindlichen Rüstungskontrollvertrag für den Weltraum ab. US-Präsident Barack Obama möchte - auch angesichts starker innenpolitischer Widerstände der Republikaner im Kongress - die Handlungsfreiheit der USA und ihre Vorherrschaft im All nicht begrenzt sehen. Jedoch ist Obama im Unterschied zu seinem Vorgänger George W. Bush bereit, über „Regeln zum Verhalten im Weltraum“ zu verhandeln. Einen entsprechenden Vorschlag hat die Europäische Union vorgelegt. Er setzt auf freiwillige Informationsverpflichtungen sowie transparenz- und vertrauensbildende Maßnahmen für die friedliche Nutzung des Weltraums ohne jedoch irgendwelche Verbote für Weltraumwaffen zu enthalten. Einige EU-Staaten befürworten zwar weitergehende Rüstungskontrollmaßnahmen für den Weltraum, halten sie allerdings wegen der US-Position für nicht durchsetzbar. Gespräche über Verhaltensregeln haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.

Quellen und weiterführende Informationen

BICC 11/2013


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