Krieg der Sterne – Fiktion oder Wirklichkeit?
Riesige Raumstationen gleiten in Lichtgeschwindigkeit durch das Weltall. Viele Menschen oder auch außerirdische Wesen sind auf ihnen stationiert. Mit zahlreichen Waffensystemen ausgestattet, kämpfen sie gegen andere Raumstationen oder auch um die Eroberung von ganzen Planeten. Der „Krieg der Sterne“ ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil von Science Fiction-Büchern und -Filmen. Von der Wirklichkeit ist dies jedoch Lichtjahre entfernt.
Doch auch seriösere Militärexperten wie der US-Amerikaner George Friedman, der ehemals das private Institut für Sicherheitsfragen „Stratfor“ (Strategic Forecasting“ – „Strategische Prognosen“) leitete, sagte 2012 voraus: Im Jahre 2050 würden die USA drei „Battlestars“ („Kampfsterne“) im Weltall um die Erde kreisen lassen, um ihre Weltraumdominanz zu sichern. Diese Raumstationen würden als Kommandoplattformen dienen sowie über zahlreiche Raketen, Satelliten und Antisatellitenwaffen verfügen. Japan wiederum, so Friedman, würde die „Battlestars“ mit von Radaren nicht erkennbaren Stealth-Raketen angreifen, die auf der Rückseite des Mondes stationiert wären. Friedman: „Genauso wie die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts die Einführung der Luftfahrt erlebte, wird die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts die Weiterentwicklung der Raumfahrt sehen. Dem Krieg wird neuer Raum geschaffen“. Solche Prophezeiungen sind allerdings stark umstritten, vor allem, weil die bemannte Raumfahrt extrem teuer und schwierig ist. Aber der Weltraum spielt schon jetzt in Kriegen auf der Erde eine wachsende Rolle. Die weitere Militarisierung des Alls ist eine reale Möglichkeit angesichts der technischen Entwicklung und der Militärstrategien vor allem der führenden Weltraummacht USA.
Stand der Militarisierung des Weltraums
Bis heute ist der Weltraum frei von Waffen geblieben. Dort sind keine Systeme stationiert, die Ziele im All oder auf der Erde angreifen könnten. Trotzdem ist der Weltraum militarisiert: Satelliten sind zur Ausspähung und zur Früherkennung z. B. von Raketenstarts, zur Navigation von Präzisionswaffen und zur schnellen Kommunikation zwischen militärischen Einheiten von entscheidender Bedeutung. Dies trifft besonders auf die USA zu, die überall in der Welt zu militärischen Aktionen in der Lage sein wollen. Neben Russland und China sind auch andere Staaten wie Indien, Pakistan, Iran und Nordkorea sowie europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien dabei, Satellitentechnologie zu militärischen Zwecken zu betreiben. Die Technologien und Satelliten werden dabei oft sowohl zivil als auch militärisch verwendet („dual use“).
Die im Weltraum stationierten Systeme dienen bis heute ausschließlich dazu, Kampfeinsätze auf der Erde zu unterstützen und effektiver zu machen. Sie haben „passive“ Funktionen und sind insofern keine „Waffen“ im eigentlichen Sinne.
Sowohl die USA als auch Russland und China haben aber schon jetzt die Fähigkeit, von der Erde aus Satelliten im Weltraum mit Raketen abzuschießen und damit wichtige satellitenabhängige Systeme lahmzulegen, wie beispielsweise die Kommunikation. Auch andere Staaten, die Raketen besitzen bzw. entwickeln, sind oder werden prinzipiell in der Lage sein, von der Erde aus Satelliten zu zerstören. Die Nuklearmächte haben zudem die Fähigkeit, Nuklearwaffen in der Atmosphäre detonieren zu lassen. Damit können Satelliten in einem weiten Umkreis des Detonationsortes zerstört werden. Die USA und die Sowjetunion haben 1958 bis 1962 entsprechende Test durchgeführt. Allerdings wurden solche Waffensysteme nicht stationiert, da sie als „Kollateralschaden“ auch die jeweils eigenen Satelliten zerstören würden.
Die auf Moskau begrenzten Raketenabwehrsysteme der Sowjetunion bzw. Russlands sollen ebenfalls mit nuklearen Sprengladungen bestückt sein, um durch eine Nuklearexplosion im All angreifende Raketen zu zerstören.
Militärische Weltraumstrategien
Neuartige Technologien ermöglichen auch neue Optionen für die militärische Nutzung des Weltraums. Weltweit schreiben Militärs und Sicherheitspolitiker der führenden Mächte dem Weltraum eine Schlüsselfunktion für Kriege der Zukunft zu. Die USA als führende Technologie- und Militärmacht der Welt sind dabei allen anderen Staaten weit voraus. Diesen Vorsprung möchten die USA erhalten, wie der für Weltraumaktivitäten zuständige stellvertretende US-Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium Gregory L. Schulte formulierte: „Unser Handeln ist darauf gerichtet, unseren strategischen Vorteil im Weltraum aufrecht zu erhalten“ (Zit. nach: Cheryl Pellerin (American Forces Press Service): “DOD Space Program Broadens Industry, Foreign Partnerships”, Washington, 19. Juli 2011; http://www.defense.gov/news/newsarticle.aspx?id=64730). Die von US-Präsident Barack Obama 2010 verabschiedete „Nationale Weltraum-Strategie“ erklärt die Sicherheit der US-Satelliten zum nationalen Interesse der USA und will Angriffe auf diese Satelliten abschrecken, „und, falls Abschreckung versagt, Maßnahmen, sie anzugreifen, besiegen“ (Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika: „National Space Policy of the United States of America“, 2010, S. 7;). In dem militärstrategischen Dokument des US-Generalstabs von 2013 wird das Ziel der „Weltraumkontrolle“ „mit offensiven wie auch defensiven Mitteln“ formuliert. „Weltraumkontrolle“ wird dabei definiert als “Maßnahmen, um die Handlungsfreiheit der USA im Weltraum zu sichern und, wenn angewiesen, einem Gegner die Handlungsfähigkeit im Weltraum zu verweigern“.
Forschungen und Technologien für weitere Militarisierung des Weltraums
Als Technologien für aktive Weltraumwaffen kommen für die USA wie auch - vermutlich zeitlich später - für andere Weltraummächte mehrere Möglichkeiten in Betracht. An ihnen wird gegenwärtig schon geforscht. In der Regel sind es „dual use“ –Technologien.
Mikro- und Nanosatelliten: Intensiv wird an der Verbesserung der Manövrierfähigkeit von Satelliten sowie an der Entwicklung kleinerer und leichterer Satelliten gearbeitet. Dies ist nützlich, um unter anderem dem zunehmendem Weltraumschrott auszuweichen bzw. um Weltraumschrott weniger Angriffsflächen zu bieten. Doch mit solchen neuen technologischen Fähigkeiten ist es auch möglich, sie als „Killer-Satelliten“ einzusetzen, die gegnerische Satelliten durch kinetischen Aufprall oder Sprengstoff zerstören, sie blenden oder anderweitig manipulieren können.
Raumfähren: Unbemannte, wieder verwendbare Raumschiffe ermöglichen, Satelliten im Weltraum auszusetzen, sie mit Hilfe von Robotern zu reparieren oder auch defekte Exemplare aufzusammeln und zur Erde zurückzubringen. Solche Raumschiffe könnten aber ebenfalls dazu dienen, andere Satelliten zu stören, zu kapern und Killer-Satelliten auszusetzen. Die USA haben schon mehrere erfolgreiche Versuche mit dem unbemannten Raumschiff „X-37B“ durchgeführt, zuletzt kam der Raumgleiter 2012 nach 469 Tagen im All auf die Erde zurück. Der Auftraggeber war nicht die zivile amerikanische Weltraumagentur NASA, sondern die US-Luftwaffe.
Laserwaffen: Bodengestützte Laserwaffen können schon jetzt Satelliten zeitweilig stören. Die USA haben zudem Flugzeug gestützte Laserwaffen schon gegen Flugzeuge wie auch Raketen getestet. Das US-Programm, solche Laserwaffen auf Flugzeugen zu installieren, wurde jedoch 2012 nach 16 Jahren und Kosten von über fünf Milliarden US-Dollar eingestellt. Man bräuchte Laser, die „20 bis 30 Mal stärker sind als die gegenwärtig vorhandenen chemischen Laser, um von einer gewissen Entfernung von den Raketenabschussrampen aus zu feuern“ erklärte der ehemalige US-Verteidigungsminister Robert Gates. Das Konzept sei „nicht praktikabel“ (Zit. nach: Center for Strategic and International Studies: “Missile Defense Umbrella?” 2009; http://csis.org/blog/missile-defense-umbrella). Das US-Militär untersucht aber, ob solche Laserwaffen nicht auf unbemannten Flugzeugen gegen startende Raketen eingesetzt werden könnten. Prinzipiell könnten Laserwaffen eines Tages auch in der Lage sein, stationiert auf der Erde oder im Weltraum, Satelliten und anfliegende Raketen zu zerstören.
Fazit
An aktiven Weltraumwaffen wird geforscht. Neue Technologien ermöglichen neue militärische Handlungsoptionen. Von einem „Krieg der Sterne“, den die Science Fiction beschreibt, kann aber in absehbarer Zukunft nicht die Rede sein. Schon manche Forschungsvorhaben sind sang- und klanglos eingestellt worden. Sie entsprachen zwar Wunschvorstellungen von Weltraumstrategen, waren aber weder technologisch noch finanziell umsetzbar. Ein Rüstungswettlauf im All ist trotzdem möglich, wenn erst einmal die Hürde fällt und aktive Waffensysteme im Weltraum stationiert werden. Präventive Rüstungskontrolle – Verbote und vertrauensbildende Maßnahmen - könnte solchen Entwicklungen einen Riegel vorschieben.
Quellen und weiterführende Informationen
- Friedman, George (2009): Die nächsten hundert Jahre: Die Weltordnung der Zukunft, Frankfurt a. M.
- Neuneck, Götz und André Rothkirch (2006): Weltraumbewaffnung und präventive Rüstungskontrolle, Osnabrück.
- Petermann, Thomas, Coenen, Christopher und Reinhard Grünewald (2003): Aufrüstung im All Technologische Optionen und politische Kontrolle, Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Berlin.
- Ploughshares, Project (2013): Space Security Index 2013. Executive Summary, Waterloo, Ontario, Kanada. (Englisch)
- Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (2010): National Space Policy of the United States of America, Washington.
- US-Generalstab (2013): Joint Publication 3-14. Space Operations, Washington.
BICC 11/2013