Geschichte

Seit Jahrtausenden hoffen Menschen auf Abrüstung und bemühen sich um die Kontrolle von Waffen und Streitkräften. Dennoch wurden die Waffensysteme immer weiter modernisiert und die Rüstungsausgaben gesteigert. Im Jahr 2012 wuchsen sie auf die Höhe von über 1,7 Billionen (in Ziffern: 1.700.000.000.000) US-Dollar an.

Auch wenn es im Laufe der Geschichte immer wieder gelang Abrüstungs- und Rüstungskontrollmaßnahmen zu vereinbaren – vom Ziel einer „vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle“, zu dem sich fast alle Staaten der Welt im „Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen“ (auch: „Atomwaffensperrvertrag“) 1968 bekannt haben, ist die Welt weit entfernt.

Definition

Unter „Abrüstung“ versteht man Maßnahmen, in der Regel Vereinbarungen, die militärische Kapazitäten und Mittel (Soldaten und Waffen) verringern oder ganz abschaffen.

Im Vergleich dazu werden unter „Rüstungskontrolle“ Vereinbarungen zusammengefasst, die das Ziel haben, die Gefahr eines Kriegsausbruchs zu vermindern sowie die negativen Folgen eines Krieges für die Menschen zu begrenzen. Zur Rüstungskontrolle rechnet man deshalb unter anderem Maßnahmen der Transparenz und der Vertrauensbildung, beispielsweise durch gegenseitige Kontrollen, Rüstungssteuerung und durch die Festlegung von Waffenobergrenzen. Auch Vereinbarungen zum Schutz von Menschen und Umwelt im Krieg durch das sogenannte „Humanitäre Völkerrecht“ gehören hierzu.

Während früher oft auch Rüstungskontrollmaßnahmen unter den Oberbegriff „Abrüstung“ subsumiert wurden, bürgerte sich nach 1945 während des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion der Begriff „Rüstungskontrolle“ ein, um alle Maßnahmen zu umschreiben, die im Hinblick auf Waffensysteme und Truppen Spannungen zwischen den atomaren Supermächten vermindern sollten. Nach dem Ende des Kalten Krieges gewannen auch solche Rüstungskontrollmaßnahmen an Bedeutung, die eine Weiterverbreitung insbesondere von Raketentechnologien und Atomwaffen verhindern sollen.

Methoden von Abrüstung/Rüstungskotrolle

Abrüstungs- und Rüstungskontrollmaßnahmen können Staaten aufgezwungen, von Staaten einseitig beschlossen oder zwischen zwei oder mehreren Staaten vereinbart werden.

Bis in die jüngste Vergangenheit war die aufgezwungene Abrüstung von in Kriegen Besiegten die verbreitetste Form. In der Antike verlangte beispielsweise das siegreiche Rom nach dem zweiten Punischen Krieg (218-201 v. Chr.) von Karthago, alle seine Kriegselefanten und seine gesamte Kriegsflotte bis auf zehn Schiffe auszuliefern. Als Demonstration ihrer Macht setzten die Römer hunderte karthagischer Schiffe vor den Toren des Stadtstaates in Brand.

In der Neuzeit legte z.B. der Friedensvertrag von Versailles Deutschland und seinen Verbündeten nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1919 weitreichende Abrüstungsmaßnahmen auf.

Bei einseitigen Maßnahmen entscheidet ein Land autonom, seine militärischen Kapazitäten und Mittel zu reduzieren. So hat beispielsweise Costa Rica als einziges Land in der Welt 1948 beschlossen, sein Militär vollständig aufzulösen. 1991 wiederum ordnete US-Präsident George H.W. Bush nach dem Ende des Kalten Krieges in einem einseitigen Schritt an, tausende von taktischen nuklearen Sprengköpfen der USA zu verschrotten. Wenig später antwortete der damalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow mit einem gleichgerichteten Beschluss.

Schließlich gibt es Abrüstungs- und Rüstungskontrollvereinbarungen, die Staaten miteinander aushandeln. Solche Abkommen können bilateraler oder multilateraler Art sein.

Historischer Abriss

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte von Gewalt und Krieg – aber immer wieder auch von Versuchen, Frieden zu schaffen und zu sichern sowie von Bemühungen, die schrecklichen Folgen von Kriegen zu begrenzen. So vereinbarten griechische Städte im 7. Jahrhundert v. Chr. im „Amphiktyonischen Bund“ gemeinsam die Heiligtümer von Demeter in Anthela und von Apollon in Delphi zu schützen. In Kriegen sollte es zudem verboten sein, Städten das Wasser abzuschneiden und sie vollständig zu zerstören. Dennoch fanden Kriege zwischen den Städten oder auch um Heiligtümer statt.

Im Mittelalter versuchte in Europa die römisch-katholische Kirche ihren Einfluss zu nutzen, um zumindest die Formen des Krieges zu beschränken. So wurden im 9. und 10. Jahrhundert örtliche und regionale „Gottesfrieden“ vereinbart, die Geistliche, ihre Besitztümer sowie arme Zivilisten schützen sollten. Das Zweite Laterankonzil verbot 1139 Armbrüste gegen andere Christen einzusetzen - gegen Andersgläubige blieben sie erlaubt. 1675 vereinbarten Frankreich und Deutschland, den Einsatz von vergifteten Kugeln zu untersagen.

Parallel zu der Entwicklung von immer stärkeren Feuerwaffen entstand im 19. Jahrhundert eine internationale Friedensbewegung. Bertha von Suttner, ihre prominenteste Vertreterin, wurde 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle gewannen international an Gewicht. Auf den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 konnten sich die damals mächtigsten Staaten zwar nicht auf Abrüstungsschritte und auf Grundsätze zur friedlichen Regelung internationaler Konflikte einigen. Man vereinbarte aber Normen zum Verhalten im Krieg („ius in bellum“), z. B. das Verbot von Giftgaseinsätzen. In dem bald beginnenden Ersten Weltkrieg hielten sich allerdings nicht alle Staaten daran.

Nach dem Ersten Weltkrieg nahmen die Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder zu. Das „Genfer Protokoll“ von 1925 verbot erneut den Einsatz von Giftgas sowie von biologischen Waffen. Verschiedene „Genfer Abkommen“ schufen danach die Grundlagen für das humanitäre Völkerrecht, zum Beispiel Regeln zur Behandlung von Kriegsgefangenen. 1932 kam die erste Weltabrüstungskonferenz zusammen, um Schritte zur Abrüstung – bis hin zur vollständigen Abschaffung offensiver Angriffswaffen – und Wege zur Kriegsverhinderung zu beraten. Allerdings blieb sie ergebnislos, insbesondere weil das nationalsozialistische Deutschland umfassend aufrüstete und 1936 aus dem 1919 gegründeten Völkerbund austrat, dem Vorläufer der heutigen Vereinten Nationen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann bald der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion – und mit ihm eine Zeit der Aufrüstung. Die Gefahr eines großen nuklearen Kriegs führte jedoch auch zu erneuten Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle. Schon in den 1960er Jahren gelang es, einen partiellen Atomteststoppvertrag zu vereinbaren, der Atomversuche in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser verbot, allerdings unterirdische Test weiterhin zuließ. 1968 wurde der auch heute noch bedeutsame Atomwaffensperrvertrag abgeschlossen, auch „Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen“ genannt. Seit den 1970er Jahren vereinbarten die Sowjetunion bzw. Russland und die USA wiederholt Verträge über Begrenzungen und Reduzierungen ihrer strategischen nuklearen Arsenale.

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden 1990 die konventionellen Waffen in Europa vertraglich begrenzt. 1997 trat die Chemiewaffenkonvention in Kraft, die den Besitz chemischer Waffen verbot und die Vernichtung aller entsprechenden Bestände der Vertragsstaaten vorsieht. Auch bei der nuklearen Abrüstung gab es Fortschritte.

Im 21. Jahrhundert spielten jedoch Abrüstung und Rüstungskontrolle der vorhandenen riesigen Waffenarsenale eine untergeordnete Rolle in der internationalen Politik. Da die Sorge vor einer nuklearen Katastrophe geschwunden ist, konzentrieren sich die Staaten mehr darauf, eine Ausbreitung von atomaren Waffen zu verhindern. Ein weiterer Grund ist, dass die gegenwärtig stärkste Militärmacht der Welt, die USA, ihre „Handlungsfreiheit“ erhalten und ihre technologische Überlegenheit - zum Beispiel in Bezug auf neue Waffentechnologien wie Raketenabwehr, Drohnen und Präzisionsmunition - nicht durch bindende internationale Vereinbarungen beschränkt sehen möchte.

Motive und Triebfedern von Abrüstung und Rüstungskontrolle

Abrüstung und Rüstungskontrolle sind abhängig von außen- und sicherheitspolitischen Vorstellungen und Zielen sowie militärischen Strategien. Aber auch die innenpolitische Macht des jeweiligen „militärisch-industriellen Komplexes“ (US-Präsident Dwight D. Eisenhower) wirkt sich auf die Formulierung von außenpolitischen, militärischen wie auch Abrüstungszielen in den einzelnen Staaten aus. Die meisten Staaten maßen und messen militärischen Machtmitteln einen hohen Stellenwert zu, um Sicherheit herzustellen, Einfluss zu sichern bzw. zu erweitern oder auch den Zugriff zu Bodenschätzen oder Territorien zu gewährleisten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in der Geschichte nur mäßige Erfolge in Bezug auf Abrüstungs- und Rüstungskontrolle erzielt wurden. Allerdings gibt es Triebfedern für solche Bemühungen, die unter bestimmten historischen Bedingungen immer wieder auch zu Vereinbarungen geführt haben. Dazu gehören:

  • die Sorge um die Stabilität der internationalen Beziehungen und der eigenen Machtstellung;
  • wirkliche oder vermeintliche militärische Vorteile, die sich aus Vereinbarungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle ergeben;
  • Möglichkeiten zur Einsparung im Rüstungsbereich durch Verzicht auf Waffen, die kaum noch einen militärischen Nutzen haben;
  • das Ziel, Verhaltensweisen in Kriegen zu vereinbaren (z. B. Umgang mit Kriegsgefangenen, Unterscheidung von Soldaten und Zivilisten), die auch den eigenen Interessen entsprechen;
  • Öffentlichkeit und Friedensbewegung, die das Vernichtungspotenzial von Kriegen anprangern, die Linderung von Kriegsleiden fordern, die Gefahren der Hochrüstung aus ethischen, moralischen und/oder politischen und sozialen Gründen thematisieren und damit national wie international auf die Politik einwirken.

Quellen und weiterführende Informationen

Burns, Richard Dean (Hrsg.)(1993): Encyclopedia of Arms Control and Disarmament, New York.

Holik, Josef (2008): Die Rüstungskontrolle: Rückblick auf eine kurze Ära, Berlin.

Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.: Frieden sichern – Abrüstung

Fey, Marco, Müller, Harald und andere (2013): Die Chance nutzen! Zum Stand von Rüstungskontrolle und Abrüstung; in: von Boemcken, Marc, Werkner, Ines-Jacqueline , Johannsen, Margret und Bruno Schoch (Hrsg.): Friedensgutachten 2013“, Berlin, S. 165ff.

Müller, Harald und Niklas Schörnig (2005): Rüstungsdynamik und Rüstungskontrolle. Eine Exemplarische Einführung in die internationalen Beziehungen, Baden-Baden.

Neuneck, Götz und Christian Mölling (Hrsg.): Die Zukunft der Rüstungskontrolle, Baden-Baden.

BICC 11/2013


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