Glossar
DPKO (Department of Peacekeeping Operations) / DFS (Department of Field Support)
Das Department of Peacekeeping Operations (DPKO), die Hauptabteilung für Friedensdurchsetzungseinsätze, ist seit 1992 für die Planung, Führung und Verwaltung aller UN-Friedenseinsätze zuständig. 2007 wurden die Aufgaben der DPKO geteilt und die Hauptabteilung zur Unterstützung von Feldeinsätzen (Department of Field Support - DFS) eingerichtet. Diese ist zuständig für die Logistik, die Finanzen und das Personal, während das DPKO die Strategieentwicklung, Einsatzplanung und Leitung der UN-Missionen übernimmt.
Exekutives Mandat / Übergangsverwaltung
Als Reaktion auf den völligen Zusammenbruch lokaler Institutionen kann der UN-Sicherheitsrat Friedenseinsätze mit einem exekutiven Mandat (eng. Executive Mandate / Transitional Administration) bevollmächtigen, die im Einsatzland Regierungsfunktionen und weitere hoheitliche Aufgaben im öffentlichen Dienst übernehmen. Ziel eines solchen exekutiven Mandats ist, politische und administrative Strukturen einzuführen, die schließlich von lokalen Mandatsträgern übernommen werden sollen.
Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration (DD&R)
Zu den Standardaufgaben von Friedensmissionen gehört die Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung (eng. Disarmament, Demobilization and Reintegration – DD&R) von Ex-Kombattanten in die Gesellschaft. Die militärische Komponente einer Mission übernimmt die Aufgabe der Entwaffnung und Demobilisierung. Ziviles Personal in Kooperation mit lokalen Einrichtungen und den Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit sind dann verantwortlich für die Reintegrationsmaßnahmen. Dies erfordert teilweise ein Engagement über mehrere Jahre hinweg.
DD&R ist Voraussetzung für die Herstellung nachhaltiger Sicherheit nach Beendigung eines bewaffneten Konfliktes.
Friedensdurchsetzung
Stellt der UN-Sicherheitsrat nach Artikel 39 der UN-Charta eine Bedrohung der internationalen Sicherheit fest, kann er nach Zustimmung der fünf ständigen und vier weiteren Mitglieder eine völkerrechtlich verbindliche Resolution verabschieden, die den Einsatz von militärischen Zwangsmaßnahmen zur Wiederherstellung des Friedens, also eine Friedensdurchsetzung (eng. Peace Enforcement), legitimiert. Die Zustimmung des Konfliktlandes ist keine Voraussetzung für eine Legitimation. Mit der Durchführung militärischer Zwangsmaßnahmen können andere internationale Organisationen oder Koalitionen von Mitgliedstaaten beauftragt werden. Die Friedensdurchsetzung ist in Kapitel VII der UN-Charta geregelt. Friedendurchsetzungsmissionen sind keine Friedenseinsätze.
Friedenskonsolidierung / Friedensbildende Missionen
Die Maßnahmen der Friedenskonsolidierung (eng. Peacebuilding) zielen darauf, in einem Postkonfliktland durch die Beseitigung struktureller Ursachen und die Schaffung von Konflikttransformationsmechanismen dauerhaft Frieden herzustellen und ein Wiederaufflammen von Gewalt zu verhindern. Sie müssen nach Ende eines gewalttätigen Konfliktes möglichst früh eingesetzt werden und sind häufig mit den Maßnahmen zur Friedenssicherung (eng. Peacekeepting) verbunden.
2005 wurden drei weitere Strukturen, die Kommission für Friedenskonsolidierung (Peacebuilding Commission - PBC), der Friedenskonsolidierungsfonds (Peacebuilding Fund - PBF) und das Unterstützungsbüro (Peacebuilding Support Office - PBSO) geschaffen, die eine bessere Koordination der beteiligten Akteure und eine Absicherung der Finanzierung ermöglichen sollen.
Friedenseinsätze / Friedensmission
Unter den Begriffen Friedenseinsatz oder Friedensmission wird der Einsatz multinationaler Truppen verstanden, die durch das Mandat eines internationalen Bündnisses ermächtigt sind und als Ziel die Verhinderung weiterer Konflikte haben. Dies kann z.B. durch die Trennung der Konfliktparteien oder durch die Überwachung der Einhaltung von Vereinbarungen geschehen.
Im Gegensatz zur UN und der EU sind andere internationale Bündnisse, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die Organization of American States (OAS) oder die African Union (AU) nur in ihren Mitgliedsstaaten aktiv (vgl. ZIF 2011).
Friedenseinsätze der UN
Die Zustimmung des Konfliktlandes ist Voraussetzung für einen Friedenseinsatz. Friedenseinsätze (UN Peacekeeping Operations) werden durch den UN-Sicherheitsrat erteilt, der Generalsekretär ist verantwortlich für die Leitung.
Man kann vier Generationen von Friedenseinsätzen unterscheiden: Ab 1948 die „traditionellen Friedenseinsätze“ als 1.Generation, bei der nur leicht bewaffnete Blauhelmsoldaten die Friedens- und Waffenstillstandsabkommen überwachten oder Pufferzonen zwischen den Konfliktparteien abgrenzten. „Traditionelle Friedenseinsätze“ wurden nach Kapitel VI der UN-Charta als Maßnahmen verstanden, bei denen Gewaltanwendung nur als Selbstverteidigung gestattet war. Seit Ende der 1980er Jahre (Ende des Kalten Krieges) entstand die 2. Generation, die „Multidimensionalen Missionen“, die auch nicht militärische Aufgaben, wie Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung (eng. DD&R) und die Friedenskonsolidierung umfassen. Seit Beginn der 1990er Jahre werden viele Missionen vom UN-Sicherheitsrat mit robusten Mandaten ausgestattet. Diese„robusten Friedenseinsätze“ sind die 3.Generation, die Gewaltanwendung auch zur Durchsetzung des Mandats erlauben, was mit Kapitel VII der UN-Charta abgesichert ist. Die 4.Generation umfasst Missionen mit einem exekutiven Mandat, das zusätzlich die zeitweise Übernahme exekutiver Aufgaben erteilt.
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP Missionen)
Aus der Krise um die Konfliktbewältigung der Balkankriege heraus schufen die EU-Staaten 1999 die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) als Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Zivile und militärische Institutionen zur Beobachtung, Konfliktprävention und Durchführung von Missionen wurden aufgebaut. 2007 reformiert der Vertrag von Lissabon die ESVP und benannte sie in GSVP um. Der Vertrag trat jedoch erst 2009 in Kraft.
Wichtiger Bestandteil der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) sind die Friedenseinsätze der EU. Die erste GSVP-Mission war die Überwachungsmission der Europäische Gemeinschaft im ehemaligen Jugoslawien (European Community Monitor Mission – ECMM). Seither folgten weitere 27 Missionen. Der Rat der EU entscheidet einstimmig über die Entsendung der Missionen, der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV, umgangssprachlich EU-Außenminister oder EU-Außenbeauftragter genannt) ist für die Gesamtkoordinierung zuständig.
Hybridmission
Arbeiten zwei oder mehr internationale oder regionale Organisationen unter einer gemeinsamen Führung in einem Einsatzgebiet zusammen, spricht man von einer Hybridmission. Zurzeit gibt es nur eine Hybridmission, die African Union / United Nations Hybrid Operation in Darfur (UNAMID). Laut dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF, 2010) sind „Hybridmissionen zu unterscheiden von sequentiellen Missionen, bei denen sich verschiedene Akteure einander am selben Einsatzort ablösen und parallelen Missionen, bei denen verschiedene Akteure am selben Einsatzort unter einer eigenen Führung wirken.“
Integrierte Mission
„Integrierte Missionen stellen den aktuellen Versuch dar, die Effizienz des Friedensengagements der Vereinten Nationen zu steigern. „Politische, militärische, humanitäre und entwicklungspolitische Akteure sollen dabei so weit wie möglich an einem Strang ziehen, um nachhaltig friedliche Strukturen zu schaffen zu können. Bei einer integrierten Mission geht es also darum, die Akteure aus den verschiedenen, an einer Friedensmission beteiligten Themenfeldern bei ihrem Einsatz vor Ort besser zu organisieren, zu vernetzen und aufeinander abzustimmen“ (BICC 2007). Auch wenn integrierte Missionen im Grundsatz diesem Prinzip folgen, gibt es letztlich doch kein festgelegtes Schema, nach dem sie funktionieren, bzw. keine verbindliche Definition. Vielmehr verlaufen sie nach dem Motto „Die Form hängt von der Funktion ab“ („form must follow function“), was eine individuelle Herangehensweise erfordert.
Politische Missionen
„Politische Mission“ ist ein nicht klar definierter Sammelbegriff für Einsätze, die versuchen, durch Interaktion mit lokalen Partnern politische Ansätze zur Konflikttransformation zu suchen, um so nachhaltig Frieden zu sichern. Dabei handelt es sich vorwiegend um zivile Aktivitäten verschiedener multilateraler Akteure. Politische Missionen bewegen sich zwischen traditioneller Diplomatie, Friedenskonsolidierung, humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit (vgl. ZIF 2011). Die Legitimation erhalten Politische Missionen durch multilaterale politische Gremien, bspw. durch den UN-Sicherheitsrat, den EU-Rat oder den Ständigen Rat der OSZE.
Polizeimissionen
Ziel von Polizeimissionen ist es, die Sicherheitsorgane in Krisenländern zu unterstützen und so eine innere Stabilität zu erhalten bzw. herbeizuführen. Die Aufgaben von Polizeimissionen umfassen dabei je nach Mandat eher beratende Maßnahmen wie beispielsweise den Aufbau einer funktionierenden polizeilichen Verwaltung, Hilfe bei der technischen Ausstattung und die Einweisung in sie. Sie können aber auch exekutive Komponenten wie die Polizeiaus- und Weiterbildung, die Verfolgung von transnationaler und organisierter Kriminalität oder von Menschenrechtsverletzungen beinhalten.
Viele der Aufgaben einer Polizeimission werden unter dem Begriff der Sicherheitssektorreform zusammengefasst.
Robuste Friedenseinsätze (auch „Friedenserzwingung durch militärische Gewalt“)
Seit Beginn der 1990er Jahre werden viele Missionen vom UN-Sicherheitsrat mit robusten Mandaten ausgestattet, die den UN-Blauhelmsoldaten die Anwendung von Waffengewalt nicht nur zur Selbstverteidigung, sondern auch zur Verteidigung des Mandates und zum Schutz von Zivilisten erlaubt. Die Einwilligung der Kriegsparteien ist hierfür nicht notwendig. Hintergrund waren Einsätze, bei denen unbewaffnete Militärbeobachter oder leicht bewaffnete Truppen an ihre Grenzen stießen. Dies geschah vor allem dort, wo laut ZIF (2010) „die Zustimmung zur Präsenz von Blauhelmsoldaten brüchig war oder die lokalen Gewaltakteure ein Interesse an der Fortsetzung des Konfliktes hatten“ (Massaker von Srebrenica 1995). Der UN-Sicherheitsrat sieht in Kapitel VII der UN-Charta die rechtliche Grundlage von Robusten Friedenseinsätzen.
Schutzverantwortung
Das Konzept der Schutzverantwortung (Responsibility to Protect – RtoP oder R2P) ist in der Resolution A/RES/60/1, Absätze 138 - 139 der UN-Generalversammlung festgehalten. Es betont die Verantwortung eines Staates, für den Schutz der eigenen Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sorgen. Ist ein Staat jedoch nicht willens oder fähig, dieser Verpflichtung nachzukommen, so sind nach dem Konzept der Schutzverantwortung die Vereinten Nationen als Forum der internationalen Gemeinschaft verantwortlich, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Umstritten an der Schutzverantwortung ihr das Verhältnis zu bzw. ihre Abgrenzung vom Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten von souveränen Nationalstaaten.
Sicherheitssektorreform
Staaten und deren Sicherheitsorgane selbst können zur Bedrohung für die Bevölkerung werden. Ein wichtiges Ziel der Friedenskonsolidierung ist deswegen die Sicherheitssektorreform (eng. Security Sector Reform – SSR). Sie sieht die Schaffung eines effektiven, rechtsstaatlichen und demokratisch kontrollierten Sicherheitssektors vor. Der Sicherheitssektor umfasst je nach Definition das „Militär, die Polizei, die Geheimdienste, Ministerien und Parlamente, zivilgesellschaftliche Organisationen, Justiz- und Strafvollzugsorgane sowie nichtstaatliche Sicherheitsunternehmen und paramilitärische Gruppierungen“ (ZIF 2011). Instrumente einer SSR sind „Justiz- und Polizeireformen, DDR, Kleinwaffenkontrolle, Minenbekämpfung, Menschenrechts- und Geschlechtergerechtigkeitsförderung“ (ZIF 2011). Die SSR kann beispielsweise auch den Aufbau ziviler Behörden zur Beaufsichtigung der Sicherheitskräfte umfassen.
Truppenstatut / Missionsstatut
Bei einem Einsatz wird zwischen dem Entsendeland und der Regierung des Einsatzlandes ein Truppen- bzw. Missionsstatut festgelegt, das den rechtlichen Status der Truppen und des zivilen Missionspersonals regelt. Die Regelungen betreffen unter anderem die Bewegungsfreiheit, Zoll-, Steuer- und Immigrationsbestimmungen, die Erlaubnis zum Tragen von Waffen und Uniform sowie die Zuteilung von Radiofrequenzen. Zentraler Bestandteil des Truppen- bzw. Missionsstatuts und gleichzeitig oft kritisierter Punkt sind Vereinbarungen über die strafrechtliche Immunität des internationalen Personals.
UN-Charta: Kapitel VI und VII
Die Vereinten Nationen (VN/UN) sind eine internationale Organisation mit derzeit 193 Mitgliedsländern, die sich der Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Völkern sowie die Förderung der Menschenrechte, des sozialen Fortschritts und besserer Lebensstandards zum Ziel gesetzt hat.
Alle Mitgliedsstaaten der UN haben sich verpflichtet, Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln beizulegen, Kapitel VI der UN-Charta erläutert mögliche Formen. Kommt es jedoch zu einer Bedrohung oder einen Bruch des internationalen Friedens, so kann der UN-Sicherheitsrat nach Kapitel VII der Charta für alle Staaten bindend Zwangsmaßnahmen bis hin zu militärischer Gewalt beschließen. „Diese militärischen Zwangsmaßnahmen stellen neben der Selbstverteidigung, Kapitel VII, Artikel 51, die einzige völkerrechtlich legitime Form von Gewaltanwendung im internationalen System dar“ (ZIF 2010).
Zivil-militärische Koordination
Zivil-militärische Koordination (eng. Civil-Military-Coordination – CM Coord) ist ein Konzept der UN, um bei humanitären Krisen und multidimensionalen Friedenseinsätzen eine sinnvolle Arbeitsteilung sowie eine effiziente Nutzung von Ressourcen nationaler und internationaler, humanitärer und militärischer Akteure zu erreichen.
Im Fokus der zivil-militärischen Koordination stehen die Abstimmung der Planung, des Informationsflusses und der Aufgabenteilung. Das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs - UN OCHA, ist für die Umsetzung des Konzeptes verantwortlich.
Zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ)
Ziel der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) (eng. Civil-Military-Cooperation – CIMIC) ist es, durch die Zusammenarbeit ausländischer Truppen mit zivilen Akteuren und lokalen Organisationen die Erfüllung der Mission zu unterstützen sowie zum Schutz der Truppe durch lokale Akzeptanz beizutragen. Dies kann beispielsweise durch die Durchführung ziviler Projekte durch ausländische Truppen beim Wiederaufbau von Infrastruktur erfolgen.
Bei der ZMZ handelt es sich um eine militärische Leitlinie, weswegen manche zivile Hilfsorganisationen den Ansatz kritisieren. Die Vermischung von einerseits militärisch engagierten und andererseits zivilen Akteuren kann letztere gefährden, wenn sie nicht mehr eindeutig als zivil wahrgenommen werden und ihre Neutralität verlieren.
Glossarquellen:
- BICC Bonn International Center for Conversion (2007): Für ein effizientes Friedensengagement - Das Konzept der Integrierten Missionen. Konzeptpapier.
- bpb: Schneckener, U.: Frieden bauen: Peacebuilding und Peacebuilder. In: Konzepte, Strategien und Tätigkeitsfelder.
- Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.: UN-Friedensmissionen. In: UN BASIS-INFORMATIONEN 39.
- Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.: Die Vereinten Nationen und die Schutzverantwortung. In: UN Basis-Informationen, Nr. 41.
- Tagesspiegelartikel: Was ist ein robustes Mandat.
- ZIF Guide, Toolbox Krisenmanagement. Von der zivilen Krisenprävention bis zum Peacebuilding: Prinzipien, Akteure, Instrumente (gemeinsame Publikation mit der Stiftung Wissenschaft und Politik). April 2011
- ZIF Guide, Glossar: Friedenseinsätze. Mai 2010