Rohstoffkontrollregime - Beiträge zur Konfliktprävention

Rohstoffreiche Länder sind nicht automatisch auch wohlhabende Länder. Schlimmer noch: in einigen rohstoffreichen Ländern herrschen Krieg und Gewalt. Rohstoffkonflikte entzünden sich z.B. an ungerechter Verteilung des Reichtums oder wenn sich die Lebensbedingungen in rohstoffreichen Regionen verschlechtern. Korrupte Eliten profitieren, während der Großteil der Bevölkerung nichts von der Gewinnung hat. In manchen Fällen wird der Rohstoffreichtum von Rebellen kontrolliert und zur Finanzierung ihres Kampfes genutzt.

Idealerweise sollte Rohstoffreichtum jedoch dazu dienen, Armut zu reduzieren und Entwicklung zu fördern. Verantwortungsvolle Regierungen und Unternehmen sollten die Umwelt schützen, die Rechte der Bevölkerung respektieren und die Erlöse aus dem Rohstoffsektor in Entwicklung investieren. In der Pflicht sind hier alle Beteiligten: nicht nur die Regierungen Rohstoff produzierender Länder, sondern auch die Unternehmen, die Regierungen Rohstoff importierender Länder sowie die Finanzierungsinstitute, die z.B. Kredite an Rohstoffunternehmen vergeben.

Nationale Regulierung

Innerhalb eines rohstoffreichen Staates liegt die Hauptverantwortung für die gute Verwaltung des Rohstoffsektors bei der Regierung. Sie ist dafür zuständig, Gesetze und Regelungen zu erlassen und ihre Einhaltung zu überwachen. Dies betrifft ebenso die Steuern und Abgaben, die Unternehmen zahlen müssen, wie auch verbindliche Umwelt- und Sozialstandards sowie nicht zuletzt auch die Verwendung der erzielten staatlichen Einnahmen.

Wenn eine Regierung die Einnahmen aus dem Rohstoffsektor zum Wohle des Volkes einsetzt, sind Konflikte um die Verteilung dieser Gelder eher unwahrscheinlich. Idealerweise richtet die Regierung dazu einen Rohstofffond ein, dessen Erlöse in nachhaltige und diversifizierte Entwicklung fließen (wie z.B. in Norwegen).

Auch wenn die Regierung den Unternehmen hohe Auflagen im Umwelt- und Sozialbereich auferlegt und sie konsequent überwacht, verringert sich das Konfliktpotential. So kann Umweltverschmutzung, Zerstörung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung und sozialen Missständen vorgebeugt werden.

Die Verregelung des Rohstoffsektors auf nationaler Ebene bietet also großes Potential für die Konfliktprävention.

Einfluss auf das Verhalten von Regierungen und Unternehmen in rohstoffreichen Ländern können aber auch die Regierungen der Importländer nehmen. Sie können ihre Unternehmen dazu verpflichten, Sozial- und Umweltstandards in der gesamten Lieferkette zu beachten. Auch können sie Vorschriften zur Transparenz erlassen und ihre Vergabe von Bürgschaften davon abhängig machen. Gleiches gilt für Finanzinstitutionen: als weitere Kriterien für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens könnten deren Umwelt- und Sozialbilanz und Korruptionsfreiheit dienen. Zudem können Länder, die wie Deutschland in großem Stil Rohstoffe importieren, bei den Rohstoffe liefernden Ländern darauf dringen, diese auf umwelt- und sozialverträgliche Art abzubauen. Über bilaterale Kooperation kann zudem die Verbesserung der Verwaltung des Rohstoffsektors unterstützt werden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der Dodd-Frank-Act der USA. Dieses nationale Gesetz schreibt Unternehmen in Bezug auf vier Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo vor, die konfliktfreie Herkunft der Metalle öffentlich nachzuweisen (vgl.: Infotext „Nationale Regulierung von internationalen Unternehmensaktivitäten“).

Internationale Initiativen

Viele nationale Regulierungsmaßnahmen orientieren sich an Initiativen auf internationaler Ebene. Sie stellen Regeln für bestimmte Wirtschaftszweige auf oder Empfehlungen aus. So will das Kimberley Prozess-Zertifizierungssystem ausschließlich den Handel mit Konfliktdiamanten unterbinden. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen wiederum setzen Standards z.B. in Bezug auf Geschäfts- und Betriebspraktiken, Transparenz, Korruptionsbekämpfung, Verbraucherschutz, Menschenrechte und Umweltschutz. Diese Richtlinien richten sich an Unternehmen, die in oder aus OECD-Ländern heraus operieren. Falls sich ein Unternehmen nicht an die Leitsätze hält, können Gewerkschaften und NROs Beschwerde bei ihrer Regierung (bzw. dem National Contact Point) einlegen. Wie der Fall dann weiterverfolgt wird, hängt allerdings vom jeweiligen National Contact Point ab.

Außer dem Kimberley Prozess, dessen seine Vorgaben in nationale Gesetzgebung einfließen, gibt es im Rohstoffsektor keine rechtlich verbindlichen internationalen Abkommen. Sonst gibt es lediglich Prinzipien, Standards und Zertifizierungssysteme, zu deren Einhaltung sich Unternehmen selbst bzw. freiwillig verpflichten können. Die Tatsache, dass viele dieser Normen von mehreren Parteien (Regierungen, Unternehmen, Zivilgesellschaft, internationale Organisationen) ausgearbeitet wurden, verleiht ihnen ein gewisses Gewicht. Um die Bedeutung und Wirksamkeit der vielen Initiativen zu erhöhen wäre eine größere Verbindlichkeit wünschenswert. Dies könnte durch unabhängige Kontrollen geschehen. Sinnvoll wären Mechanismen, wonach Verstöße zu Sanktionen führten. In der aktuellen Debatte um Kontrollregime im Rohstoffsektor werden auch internationale Abkommen auf Ebene der Vereinten Nationen in Erwägung gezogen.

Die internationalen Normen richten sich also an Regierungen und/oder Unternehmen. Zu unterscheiden sind freiwillige und verbindliche Abkommen sowie sektorale oder allgemeine Vorschriften. Die untenstehende Tabelle gibt einen Überblick über ausgewählte Initiativen.

Name der InitiativeAdressatAnwendungsbereichVerbindlichkeit
OECD Guidelines for Multinational Enterprises (OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen) Unternehmen Beschäftigung und Geschäftsbeziehungen, Umwelt, Menschenrechte, Informationsoffenlegung, Korruptionsbekämpfung, Verbraucherschutz, Wissenschaft und Technologie, Konkurrenz und Besteuerung Freiwillig
UN Global Compact (Globaler Pakt der Vereinten Nationen) Unternehmen Umwelt, Menschenrechte, Arbeitsrechte Freiwillig
UN Norms on the Responsibilities of Transnational Corporations and other Business Enterprises with Regard to Human Rights (VN Normen für die Verbindlichkeiten transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte) Unternehmen Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung, Verbraucherschutz, Umweltschutz Freiwillig
Equator Principles (Äquator-Prinzipien) Banken Umwelt und Soziales Freiwllig
ISO Norm 26000 “Guidance on Social Responsibility” (DIN ISO 26000 "Gesellschaftliche Verantwortung von Organisationen" Organisationen/Unternehmen Umwelt und Soziales Freiwillig
ILO (Internationale Arbeitsorganisation) - Kernarbeitsnormen Staaten Soziales Verbindlich
Voluntary Principles on Security and Human Rights (Freiwillige Grundsätze zur Wahrung der Sicherheit und der Menschenrechte) Unternehmen der mineralgewinnenden Industriezweige und des Energiesektors Menschenrechte im Sicherheitssektor Freiwillig
Protect, respect and remedy: A Framework for business and Human Rights Staaten, Unternehmen Menschenrechte Freiwillig
EITI und PWYP Staaten, Unternehmen Transparenz und Korruptionsbekämpfung im Rohstoffsektor Freiwillig
Kimberley Process Certification Scheme (Kimberley Prozess Zertifikationsschema) Staaten, Unternehmen Unterbindung des Handels mit Konfliktdiamanten Freiwillig (Internationale Ebene), Verbindlich (Nationale Ebene)
Forest Stewardship Council Certification Unternehmen Umwelt und Soziales im Holzhandel Freiwillig
Dodd-Frank-Act Unternehmen Transparenz über Handel mit Konfliktmineralien (Gold, Wolfram, Zin, Koltan) aus der Demokratischen Republik Kongo Verbindlich
Standards der International Council on Mining and Metals Unternehmen Nachhaltigkeitsstandards für Bergbauunternehmen Freiwillig
FLEGT - Forest Law Enforcement, Governance and Trade Staaten Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags, nachhaltigere Forstwirtschaft in den Holz exportierenden Ländern Freiwillig (Internationale Ebene), Verbindlich (Nationale Ebene)

Quellen und weiterführende Informationen:

BICC 01/2012


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